Im Wartezimmer der UnsterblichkeitOverlay E-Book Reader

Im Wartezimmer der Unsterblichkeit
Ein Reisebericht aus der Welt von morgen

E-Book (EPUB) - Erscheinungsjahr 2020von Alberto Giuliani
Übersetzt von: Elisabeth Liebl

Kurztext / Annotation
Humboldt und Giuliani wären Freunde gewesen
Der Journalist Alberto Giuliani macht sich auf eine Reise, den Tod zu überwinden. Gleich zwei Wahrsager, eine alte Frau am Baikalsee und ein indischer Brahmane, prophezeien Roberto Giuliani als junger Mann, dass er im Alter von 43 Jahren den Tod finden werde. Für viele Jahre denkt er nicht weiter darüber nach. Giuliani wird ein erfolgreicher Journalist und Fotograf, heiratet, bekommt ein Kind.
Mit Anfang 40 erinnert er sich wieder an die Prophezeiung bis zu seinem vorausgesagten Tod wäre es nicht mehr lang. Doch es könnte einen Ausweg geben: Ein Mann aus der Zukunft werde ihm helfen können, den Tod zu überwinden, hatte der Brahmane damals gesagt. Auf der Suche nach diesem Mann macht sich Giuliani auf eine außergewöhnliche Reise. Auf der ganzen Welt trifft er Wissenschaftler und Vordenker: NASA-Mitarbeiter, die das Überleben der Menschheit durch eine Kolonialisierung des Mars sichern wollen; Genetiker in Korea, für die das Klonen zumindest von Haustieren schon normal ist. Er besucht ein Unternehmen für Kryo-Konservierung, die größte Gendatenbank in China und ein Forschungszentrum in Japan, wo an neuartigen Robotern und »Ersatzteilen« für den Menschen gearbeitet wird. Bei jeder Begegnung geht es um die Frage, wie unser Leben in Zukunft aussehen kann. Welchen Preis sind wir bereit, für die vermeintliche Unsterblichkeit zu zahlen? Und worum geht es eigentlich - um ein längeres Leben an sich? Oder sind es am Ende vielleicht ganz andere Werte, die zählen? Ein ungewöhnliches und poetisches Buch, das verzaubert.

Alberto Giuliani, geboren 1975, ist Journalist und Fotograf und Regisseur. Er versteht sich als Erzähler, ob mit Worten oder mit der Kamera. Seine Reportagen und Fotos erscheinen in bedeutenden internationalen Medien, darunter Condé Nast Traveller, Vanity Fair, Der Spiegel und Stern. Für seine Bilder wurde er mit den wichtigsten internationalen Preisen ausgezeichnet, u.a. dem Canon Award und dem Leica Award für Reportage. Das fotografische Projekt Surviving Humanity, das während der in diesem Buch beschriebenen Reise entstand, wurde in Italien, Deutschland, Frankreich, China, Portugal und den Vereinigten Staaten ausgestellt.

Textauszug
DIE PROPHEZEIUNG Ich kam schon immer gerne zu früh, wenn ich eine Verabredung hatte. Die Zeitspanne zwischen dem, was wir gerade getan haben, und dem, was wir gleich tun werden, ist frei von jeder Unruhe: Ich muss und kann nichts anderes tun als warten. Endlich höre ich auf, der Welt hinterherzujagen. Stattdessen kann ich sie, so kommt es mir jedenfalls vor, in solchen Momenten genau betrachten, kann mich Träumen und Hoffnungen hingeben, die fast immer erfreulicher anmuten als die Realität. Es ist wie mit einer Reise: Sie beginnt in dem Moment, in dem wir anfangen, sie uns auszumalen. In unserer Fantasie kommen wir meist weiter herum als in der Wirklichkeit. Manchmal denke ich, ich sollte mich einfach hinsetzen und mein ganzes Leben mit Warten verbringen statt ständig irgendetwas hinterherzuhetzen und mich zu verlieren, nur um mit den Problemen der Rastlosigkeit fertig zu werden. Befände ich mich auf einem weit entfernten Planeten, bräuchte ich dafür nur einen Augenblick. Man sagt, die Zeit dehne sich da oben, wo sie der Schwerkraft entrissen ist, aus. Ein Seufzer im Himmel entspricht einem Jahr auf der Erde. Dann wäre ich vielleicht schon wieder wohlbehalten zu Hause. Stattdessen spiele ich immer noch mit dem Ring herum, der seit zwanzig Jahren mein Wegbegleiter ist. Er ist viereckig und hat abgeschrägte Kanten. Ein honigfarbener Saphir ist in das inzwischen matt gewordene Gold eingebettet. Ich sollte ihn eigentlich am Zeigefinger tragen, aber am Ringfinger der rechten Hand gefällt er mir besser. Als ich ihn zum ersten Mal ansteckte, befand ich mich auf der anderen Seite des Erdballs. Ich war in einem Alter, in dem wir uns wünschen, jede Erfahrung möge Spuren auf unserem Körper hinterlassen. So würden wir uns weniger hilflos fühlen angesichts der Ungewissheit des Lebens. Ein Kuss vielleicht oder eine Narbe. Oder eben ein Ring. Der erinnert mich jetzt an diese Geschichte, die vor langer Zeit ihren Anfang nahm. Ich habe ihn immer bei mir getragen, weil er mir half, die Angst zu verscheuchen. Aber die hat mich nach all diesen Jahren wieder gepackt und mich zu dieser Reise getrieben. Sie hatte leichtes Spiel mit mir. Fortgehen war schon immer mein Heilmittel gegen jede Art von Übel, jedenfalls soweit ich mich erinnern kann. Wenn es nicht mehr rund läuft, packe ich meine Sachen und breche still und leise meine Zelte ab. Das heißt nicht, dass ich fliehe. Was mich antreibt, sind eher eine Art Nomadeninstinkt und die Achtung vor dem Glück. Sind die Weiden abgegrast, hat Ausharren keinen Zweck, weil mich nur noch Dunkelheit und Kälte erwarten wie beim Einbruch des Winters. Ziehe ich hingegen los, sehe ich durch das Fenster die Landschaft an mir vorbeifliegen und mit ihr zusammen die Erinnerungen. Im Licht neuer Begegnungen, in der Sehnsucht nach dem Vergangenen finde ich zu meinen Gefühlen zurück. Manchmal brauche ich nur in einen Zug zu steigen oder ein paar Stunden lang im Auto herumzufahren, und schon geht es mir besser. Zu anderen Zeiten hingegen gibt es kein Zurück. Ich kehre meinem bisherigen Leben für immer den Rücken und behalte es in Erinnerung wie ein wunderbares Abenteuer. Die Reiselust habe ich von meiner Mutter. Als ich acht war, klingelte an einem Sommernachmittag das Fernweh an unserer Tür. Ich öffnete mit nackten Füßen, die Katze auf dem Arm. Vor mir saß ein Mann auf einem Moped. Er war so um die sechzig und trug einen Sonnenhut und ein schweißnasses hellblaues Hemd. Auf dem Gepäckträger und dem Trittbrett des Mopeds stapelten sich Zeitschriften. Weitere Exemplare hingen in Tüten am Lenker. Es war der Zeitungshändler, der einen Stand auf der Piazza hatte. Er teilte mir mit, die Sammlung unserer Reisezeitschriften sei komplett, wir müssten sie nur noch bezahlen. Ich lief zu meinem Vater. Er hatte sich in der Mansarde ein Büro eingerichtet. Sein Schreibtisch stand vor den Fenstern, die auf den Garten gingen. Ich wusste, dass er bei der Ar

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

... Mehr lesen
E-Book (EPUB) € 15,99 inkl. gesetzl. MwSt. EPUB sofort downloaden
Downloads sind nur für Kunden mit Rechnungsadresse in Österreich möglich!
Ins Einkaufssackerl

Produktinformation

Seitenzahl 240
Erscheinungsjahr 2020
VerlagKösel-Verlag, Il Saggiatore
SpracheDeutsch
Zusatzinformationen 240 Seiten; Mit zahlreichen Fotos
ISBN 978-3-641-25597-8

Verwandte Suchergebnisse

... Mehr lesen